Lootboxen: Mehr Glücksspiel als ein nettes Extra?
Bogdan LashchenkoGames machen nicht nur Spaß. Dahinter verbirgt sich längst eine raffinierte Milliardenindustrie. Für die Spiele sowie zugehörige Hardware geben passionierte Gamer viel Geld aus. Doch bei den Anschaffungskosten bleibt es oft nicht: Sowohl kostenpflichtige als auch kostenlose Games locken immer wieder mit sogenannten Lootboxen, die besondere Items zutage bringen können. Die Überraschungskisten ziehen den Spielern das Geld aus der Tasche. Oft wissen die Spieler nicht genau, was sie für den Kauf bekommen. Kritiker sprechen deshalb von einer Art Glücksspiel, dem man hier ausgeliefert sei. Was steckt hinter dem Hype um Lootboxen und wie berechtigt ist die Kritik?
Was sind Lootboxen?
Bei einer Lootbox handelt es sich um einen virtuellen Behälter. Dieser kommt bei verschiedenen Videospielen zum Einsatz und enthält zufällige Items. Besondere Gegenstände oder Waffen sind beispielsweise beliebte Items, die Spieler dann ergattern können. Lootboxen können in einem Spiel zufällig gefunden oder im Laufe der Zeit freigeschaltet werden. Darüber hinaus lassen sie sich auch kaufen – entweder im Austausch gegen eine Spielewährung oder auch richtiges Geld.
Lootboxen stehen deshalb oft in der Kritik, weil es immer wieder begehrenswerte Items gibt, die über das normale Spiel nicht erworben werden können. Das treibt die Pay-to-win-Systeme an, denn Spieler, die die Lootboxen nicht kaufen, sind klar im Nachteil. Es bleibt für dann nicht bei dem normalen Preis, den man ohnehin schon fürs Spiel gezahlt hat. Auch die Preispolitik, die sich dahinter verbirgt, scheint manchmal recht willkürlich zu sein. Es steht dem Spieler zwar frei, die Boxen zu kaufen. Doch der Druck ist oft größer, als man denkt.
Haben Lootboxen Suchtpotential?
Man möchte neue Outfits kaufen oder wünscht sich eine heißbegehrte Waffe – und beobachtet sich oft schneller als gedacht dabei, wie Lootboxen gekauft werden, um etwas Neues freizuschalten. Virtuelles Geld wird dann in richtiges Geld umgewandelt. Das hat nicht selten zur Folge, dass Spieler den Überblick verlieren und gar nicht wissen, wie viel Geld sie am Ende ausgegeben haben. Mit Lootboxen werden auch vermeintlich kostenlose Spiele plötzlich zu Verkaufsschlagern. Doch auch bei ohnehin schon teuren Spielen wie etwa Fifa sind Lootboxen begehrt. Mit einem Glücksspiel hat man es hier dann insofern zu tun, als dass man versuchen kann, per Lootbox einen besonders hochwertigen Fußballprofi zu ergattern. Die Überraschungskiste wird gekauft – doch wer am Ende wirklich Teil des Teams wird, weiß man vorher nicht. Der Überraschungseffekt sorgt für Nervenkitzel, kann aber auch süchtig machen.
Man kennt klassische Glücksspiele wohl eher aus dem Casino oder denkt als Sportfan vielleicht an Sportwetten. Dass Lootboxen ebenfalls eine Form von Glücksspiel sind, mag man auf den ersten Blick womöglich nur ungern akzeptieren. So wie ein Online-Casino mit 5 Euro Einzahlung schnell dazu verleiten kann, noch mehr Geld zu investieren, kann es aber auch bei den Lootboxen ablaufen: Wenn es gut läuft, möchte man bald noch einmal sein Glück versuchen. Läuft es schlecht, ebenso. Egal, wie das Glücksspiel am Ende ausgeht: Lootboxen sind ein lukratives Geschäft für Spieleentwickler und sehr verlockend.
Rechtlich handelt es sich aktuell nicht um ein Glücksspiel
Kritiker setzen Lootboxen also mit Glücksspielen gleich – aber was sagt das Gesetz? Nach aktuellem Stand werden diese Überraschungsboxen in Deutschland nicht als Glücksspiel gewertet. Unter Beobachtung stehen die Entwicklungen rund um die Kosten allerdings in vielen Ländern. Oft gekauft werden sie zum Beispiel auch in Frankreich, England oder den Niederlanden.
Interessant ist dabei ebenso, dass einige der Spiele keiner Alterskontrolle unterstehen. Fifa21 kann beispielsweise auch von Kindern gespielt werden, hier gibt es keine Empfehlung. Glücksspiele sind dagegen in Deutschland erst ab 18 erlaubt, und zwar mit gutem Grund. Kritiker sind sich einig, dass Kinder und Jugendliche mit den Lootboxen viel zu früh in Kontakt mit Glücksspielmechanismen kämen. Es wird so absolut salonfähig, bereits in jungen Jahren auf Gewinne zu hoffen – und auch Verluste zu riskieren.
EA ist zudem nicht das einzige Videospielunternehmen, dem künftig Klagen drohen könnten . Immer mehr Spiele geraten in die Kritik. Im Jahr 2020 landete beispielsweise der Entwickler von Clash of Clans vor Gericht, weil man ihm wettbewerbswidrige Praktiken anlastete. Denn auch bei diesem Spiel wird auf Beutekisten gesetzt. Genau wie bei EA brachte man hier dasselbe Argument vor: Lootboxen sind ganz klar mit Spielautomaten vergleichbar. Das macht sie zu Glücksspielen.
Spieler stehen unter Kaufdruck
Nicht nur der Vergleich zu Spielautomaten wird gern gezogen. Es gibt auch andere Kritikpunkte, die mit Lootboxen in Verbindung gebracht werden: Beutekisten manipulieren die Spieler und setzen sie unter Druck, Geld auszugeben. Spielehersteller geben zudem oft nicht ausreichend Infos, was die Gewinnwahrscheinlichkeit betrifft. Auch weiß man eben nicht genau, was man für den Kauf bekommt. Kosten würden, so sind sich Kritiker einig, bewusst verschleiert. Insgesamt fehlt es einfach an Transparenz. Hier und da werden dann Mikrotransaktionen fällig, um besondere Items zu erhalten. Wer mit seinen Gegnern mithalten möchte, entscheidet sich nicht selten für den Kauf. Gerade für Kinder und Jugendliche ist der Druck schwer auszuhalten, weshalb sie Transaktionen oft impulsiv ausführen. Schließlich möchte man selbst auch die beste Ausrüstung haben oder, wie im Falle von Fifa, mit dem besten Spieler glänzen können. Denkbar ist auch, dass Kinder gar nicht richtig verstehen, welcher Manipulation sie da ausgesetzt sind.
Wie genau es mit den Lootboxen nun weitergeht, ist unklar. Menschen, die sich für die Eindämmung des Kistensystems einsetzen, werden künftig sicher nicht verstimmen. Es bleibt abzuwarten, welch Präzedenzfälle in nächster Zeit noch geschafft werden. Andere Länder haben die Problematik zudem schon erkannt. In Belgien beispielsweise hat man die Lootboxen bereits verboten. Hier hat man sich klar positioniert: Die Kisten gleichen einem Glücksspiel. Man hat sie deshalb sogar komplett verboten. Im Vereinigten Königreich hat man die Boxen ebenfalls schon lange auf dem Schirm, konnte aber noch keine regulatorischen Maßnahmen ergreifen. Grund ist der Gambling Act 2005, der Lootboxen nicht abdeckt. Nun wird aber gefordert, dass man die käuflichen Kisten mit aufnimmt, um endlich eine bessere Kontrolle zu haben.
Im Herbst 2017 kamen die obersten deutschen Glücksspielaufsichtsbehörden zu dem Ergebnis, dass die Kisten nach deutschem Recht nicht mit einem Glücksspiel gleichzusetzen seien. Man legte in diesem Zusammenhang auch fest, dass rechtliche Anforderungen, die Glücksspiele als solche definieren, bei den Lootboxen nicht erfüllt seien. Vorerst können die Kisten also weiter gekauft werden. Zumindest eine bessere Kontrolle wäre aber auch hierzulande wünschenswert, um gerade junge Spieler besser zu schützen.
Bogdan Lashchenko - Content Manager bei EgamersWorld.Bogdan arbeitet seit 2023 bei EGamersWorld. Als er dem Unternehmen beitrat, begann er, die Seite mit Informationen, Nachrichten und Veranstaltungen zu füllen.