Zufall im eSport: Wie stark spielt das Glück mit?
Yuriy SheremetWenn man sich verschiedene Leistungssportarten ansieht, erkennt man schnell einige Unterschiede. Manche Sportarten sind sehr gut messbar und haben daher oftmals dieselben Sieger, andere haben eine gewisse Zufallskomponente. Wer z. B. einen Sport wie Gewichtheben oder Kugelstoßen ansieht, kann davon ausgehen, dass der Sportler im Training und beim Wettkampf in etwa dieselbe Leistung schaffen wird und nur wenige Faktoren Einfluss nehmen können. Bei Teamsportarten wie dem Fußball ist das jedoch anders. Und auch eSports haben eine große Zufallskomponente, die nur wenige Spieler gerne zugeben würden. Aber wie viel Glück spielt bei diesen Sportarten wirklich mit?
Was bedeutet der Zufall wirklich?
Der Begriff des Zufalls ist eigentlich eine physikalische Bezeichnung, die genau definiert wurde. Ein echter Zufall kommt nur dann zustande, wenn es objektiv betrachtet keine Ursache für ein Ereignis gibt. Damit bezeichnet man vor allem den Zerfall radioaktiver Teilchen, deren Zerfallsmomente scheinbar willkürlich auftreten. Der subjektive Zufall ist allerdings nicht so streng definiert, weshalb viele Dinge als zufällig gesehen werden können. Dazu zählen Ereignisse, deren Ursache nicht erkannt werden kann oder deren Ursache zu komplex ist, um sie zu messen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Spielen Roulette. Theoretisch könnte man nachvollziehen, warum sich die Kugel so bewegt hat, wo sie abgeprallt ist und so weiter. Viele haben daher bereits versucht, Spielergebnisse vorherzusagen, meist jedoch ohne Erfolg. Im Online Roulette wird hingegen durch eine Programmierung ein Zufallsgenerator erstellt. Deshalb liegt auch hier ein echter Zufall vor. Genauso treten Zufälle auch in Sportarten auf.
Der Zufall im Sport
Mittlerweile wurde bereits bei einigen Sportarten bewiesen, dass der Zufall eine große Rolle spielt. Der Sportwissenschaftler Martin Lames hat dieses Phänomen im Fußball erkundet und ist dabei sogar auf eine extrem hohen Anzahl an Zufällen gekommen. Rund 47 Prozent aller Tore sollen hier nämlich dem Zufall entspringen und nicht vollständig auf das Können der Spieler zurückzuführen sein. Das bedeutet natürlich nicht, dass Laien die Hälfte der geschossenen Tore im professionellen Fußball hinbekommen würden, weil es nur den Zufall benötigt. Stattdessen geht es in seiner Studie darum, dass beim dynamischen Spiel zwischen Mannschaften oder mehreren Sportlern so viele Faktoren mitspielen, dass reine Leistung nicht mehr ausreicht. Dasselbe kann auch über eSports gesagt werden. Bei den meisten Spielen ist jede Runde etwas anders und das Verhalten der Gegenspieler kann unmöglich vorhergesehen werden. Das macht natürlich auch den Reiz am Spiel aus. Gleichzeitig ist eine gewisse Zufallskomponente dabei vorprogrammiert und Sieg oder Niederlage sagen nicht zwangsläufig etwas über das reine Können eines Teams aus. Natürlich kann man anhand der Siege eine Tendenz erkennen. Gewinnt jemand am laufenden Band oder legt eine Karriere wie der FC Bayern München in der Bundesliga hin, muss man natürlich zugeben, dass die Mannschaft wohl besser als seine Konkurrenz ist. Ein verlorenes Spiel beim eSport-Turnier sagt allerdings nicht automatisch etwas über die Spieler aus. Genau aus diesem Grund sind Weltranglisten mit Punktesystemen oftmals deutlich aussagekräftiger, denn sie zeigen einen Durchschnitt aus vielen Turnieren und sind daher deutlich objektiver.
Der Zufall kann bei Wettkämpfen mit mehreren Personen nicht ausgemerzt werden. Egal wie hart man trainiert und wie gut man sich vorbereitet, der Zufall ist ein unberechenbarer Faktor, der jedem Team einen Strich durch die Rechnung machen kann. Vielleicht ist aber auch genau er der Grund, warum eSports so wahnsinnig spannend sind!
Yuriy Sheremet - Experte für Mobile Gaming und Esports bei Shootern und MOBA-Spielen.
Bei EGamersWorld arbeitet Yuriy, wie schon 2020, als er dem Portal beitrat, mit Inhalten, wenn auch mit Anpassungen in seinem Verantwortungsbereich.